Taschenbuch, 144 Seiten mit 28 Abbildungen in Farbe und S/W
Eine Nacht im Jahr 1992.
Etwas möchte zu Papier gebracht werden. Roland Reber setzt sich an den Computer, lässt seinen Fingern und Gedanken freien Lauf. »Das BUCH des LÖWEN hat sich quasi selbst geschrieben«, so Reber über diesen symbolischen Text. »Die Deutung liegt bei jedem selbst.«
Mit Illustrationen der Künstlerin Ute Meisenheimer und weiteren Texten.
Und der Löwe, der über alle Lust gebietet, antwortete den Menschen: »Nicht zu verehren verlange ich, sondern zu begreifen. Ihr aber verwandelt meine Tat in Lehm und meine Kraft in Gesetze und meine Lust in Regelwerk. Seht ihr nicht die Fische oder die Vögel, ja seht ihr nicht den einfachen Wurm in der Erde? Alle nehmen die Lust zum Leben, aus dem der Tod wie ein Bruder heraustritt, als Natur an. Ihr aber, ihr Dummen, baut Steine um die freie Luft und Mauern um das Feld des Feuers. Wie wollt ihr atmen in euren Kerkern, wie wollt ihr euch wärmen hinter all den Wällen aus Stein?«
Link zum Buchtrailer: https://www.youtube.com/watch?v=NLORyi1wdRw
ab dem 27.04. im Buchhandel oder bei uns erhältlich.
e-book/ PDF: 9,49 Euro ISBN: 978-3-910480-05-6
e-book/ epub: 9,49 Euro ISBN: 978-3-910480-06-3
Regisseur, Autor, Produzent
Roland Reber (* 11.08.1954 in Ludwigshafen, † 11.09.2022 in Unterdießen) war Zeit seines Lebens Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur, ein Rebell, Träumer und Phantast.
Reber begann schon in jungen Jahren mit dem Schreiben von Gedichten, Essays, Kurzgeschichten, Romanfragmenten und Theaterstücken. Nach der Schauspielschule Bochum 1976 spielte und inszenierte er u. a. in Bochum, Essen, Düsseldorf und Zürich. 1980 gründete er mit dem Theaterpathologischen Institut ein eigenes Ensemble, aus dem später das Theater Institut (TI) und das Welt Theater Projekt (WTP) hervorgingen. In dieser Zeit inszenierte er 14 seiner Theaterstücke.
Ob als Gedicht, Kurzgeschichte, Theaterstück oder Film, seine Texte waren für Reber immer ein Dialog mit dem Publikum.
Um die Jahrtausendwende widmete sich Reber wieder ganz dem Film, es entstand die Künstlergemeinschaft wtp-kollektiv, ein dynamisches Team, das gemeinschaftlich Projekte gestaltet und inzwischen aus der Filmproduktion wtp international GmbH und dem wtp-verlag besteht – stets unabhängig, um die kreative Freiheit zu wahren.
Nach einem Schlaganfall 2015 zog sich Reber immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück, blieb aber bis zu seinem letzten Atemzug kreativ mit Spielfilmproduktionen wie Roland Rebers Todesrevue (2019) und Buchprojekten wie Das Buch des Löwen (2023) oder dem Mystery-Roman Die 7 Orte (2024). Die Veröffentlichung seiner letzten Werke wird er nicht mehr erleben, Reber starb 2022 einen Tag vor Drucklegung seines multimedialen Buches psst … Gedichte . Gedanken . Geschichten, seinem persönlichsten Werk, einer Art Quintessenz seines künstlerischen Schaffens.
Seine Worte und Ideen leben weiter.
»Der Narr stirbt, wer hätte es gedacht,
in einer tränenreichen Nacht.«
(Roland Reber, Ludwigshafen, 30.5.1975)
Das Jonglieren und Orchestrieren von Worten waren Rebers größte Leidenschaft.
Trotz Ausbildung an der Schauspielschule Bochum (1976-78) und vielen Bühnenauftritten – von Kleinkunstkellern und Kabarett-Bühnen über Open-Air-Vorstellungen am Neumarkt in Zürich, von den Bühnen der Schauspielhäuser Bochum, Essen und Düsseldorf über das Opernhaus Duisburg bis hin zum Theaterpathologischen Institut in Hattingen und Lünen und den internationalen Bühnen des Welt Theater Projektes -, sah er sich mehr als Schriftsteller und Regisseur denn als Schauspieler. Wobei die Regie letztendlich nur eine Weiterführung des Schreibens ist – die Inszenierung von Worten.
Worte waren für Reber die Tür zu anderen Menschen, zu anderen Perspektiven, zu anderen Welten.
Unabhängig sein, frei – frei von Reglementierungen durch andere, frei für seine Ideen – und selbstbestimmt wollte er sein. Er wollte einfach er selbst sein, kein Schreiner wie sein Vater, kein Krankenpfleger, auch wenn er eine 2-jährige Ausbildung zur Pflegefachkraft machte. Er wollte nur schreiben.
Er wollte all das, was man ihm in sein Hirn reingeschrieben hatte, wieder rausschrei(b)en. Das Erzählen und das Erleben – das Erlebte erzählen und das Erzählte erleben – Worte als Spiegel. Und vielleicht kann auch nur die Poesie diese tieferen Gedanken sichtbar machen.
„Vielleicht ist der Versuch, ein Stück zu schreiben, die lange Version einer Bedürfnisbefriedigung. Nämlich Gefühle begrifflich zu fassen. Was unmöglich ist. Aber gerade der Versuch kennzeichnet unser Sein.
Das Streben nach dem Unmöglichen lässt das Erreichbare groß werden. In dem Weg nach der Vollendung steckt das Leben wie in einem Tunnel. Wie breit oder eng dieser dunkle Gang ist, entscheidet das Maß an Mut, das wir aufbringen, Unmögliches zu verwirkli-chen. Im Vorgang des Schreibens tasten wir uns immer an unseren Kern heran, den wir nie sehen werden, aber immer suchen.
Den letzten Grund der Dinge zu finden hieße, die endlose Bewegung alles Seienden zu erstarren. Das ewige Gleiten in einen jähen Fall zu verwandeln.
Indem wir finden, was vorgeblich wie eine Antwort aussieht, so haben wir doch nur eine neue Frage aufgefunden. Und das ist es, was wir suchen sollten: neue Fragen.
Denn die Antworten von gestern sind die Fragen von heute.“ (Roland Reber, 1985)
Schreiben, um die Gedanken zu ordnen, schreiben, um herauszufinden, was man empfindet, schreiben, um sich ein Stück näher zu sein.
»Wenn ich schreibe, öffnen sich alle Zimmer, auch die mehrfach verschlossenen«, lässt er später den Schriftsteller in dem Spielfilm das zimmer sagen.
»Der Star des Filmes sind die Dialoge, die der Regisseur geschrieben hat. Seine Sätze sind ergreifend: ›Im Leben fühl’ ich mich oft wie ein leeres Blatt Papier oder wie ein Lied ohne Melodie‹ «, (Daily Bullet, Kairo International Filmfestival, 2002)
Reber ist sich und seiner Poesie in jeder Hinsicht stets treu geblieben, ein Agent Provocateur, der immer wieder die verkrusteten Sicht- und Denkweisen der Gesellschaft in Frage stellte und doch zum »KinoBuddha« avancierte, wie Hans Schifferle ihn in der Süddeutschen Zeitung beschrieb: »ganz GedankenKörperlichkeit mit einer Portion Selbstironie«.
Kapitel 1
Vers 1
Und als die Tage des Löwen zu Ende gingen, kamen die Monate des Lammes. Und man schlug die, die stark gewesen waren und man erhörte nur noch die, die gefolgt waren dem Metzger, der sie rief. Und ein großes Feuer wurde ausgetreten in der Nacht. Und die Dunkelheit wurde fast allmächtig. Zitternd standen nun die Lämmer da, und kein Hirte war sie zu führen. Und als es kalt wurde, in der feuerlosen Nacht, gingen sie eng zueinander, um sich Wärme zu geben und Trost. Doch es ging nur eine Kälte aus von ihren Leibern. So erfroren viele in diesen Monaten. Oder aber, wenn der Morgen kam, und sie zur Schlachtbank gerufen wurden, stellten sie sich auf in Reih und Glied und folgten ihrem Untergang. Das Messer lobten sie, bevor es sie stach. Und den Schlächter priesen sie in Liedern voller Klang, die tonlos verhallten in der endlosen Stille des Todes.
Kapitel 2
Vers 5
Und die Menschen setzten Priester ein, die preisen sollten die Tat des Feuerentfachers. Der Löwe sah es wohl und fragte sich, warum nicht jeder von ihnen das Amt auf sich nehme, sondern es delegiere.
Und die Menschen sandten einen Boten zu ihm, der sprach: »Nur wenige wissen dich richtig zu ehren. Und jene haben wir auserwählt, den Dank dir darzubringen, du großer Entfacher.«
Und der, der über alle Lust gebietet, antwortete ihnen: »Von allen Tieren mochte ich euch am meisten. Weil ihr die Unwissendsten wart unter den Tieren. Aber jetzt beginne ich euch zu hassen, denn ihr begreift nicht wenig, sondern nichts. Nämlich nicht zu verehren verlange ich, sondern zu begreifen. Ihr aber verwandelt meine Tat in Lehm und meine Kraft in Gesetze und meine Lust in Regelwerk. Seht ihr nicht die Fische oder die Vögel, ja seht ihr nicht den einfachen Wurm in der Erde? Alle nehmen die Lust zum Leben, aus dem der Tod wie ein Bruder heraustritt, als Natur an. Ihr aber, ihr Dummen, baut Steine um die freie Luft und Mauern um das Feld des Feuers. Wie wollt ihr atmen in euren Kerkern, wie wollt ihr euch wärmen hinter all den Wällen aus Stein?«
Kapitel 3
Vers 5
Und da nahm der Bringer einen Stein, den er weit von sich warf und der auf die Erde aufschlug, einem Donner gleich, ein kleines Kind unter sich erschlagend.
»Saht ihr den Stein, leblos in sich und doch fähig, Lebendiges zu erschlagen? Und wie der leblose Stein erschlug das Kind, so können tote Worte erschlagen des Menschen zerbrechliche Hülle. Und wahrlich, ich bringe euch Worte. Mehr, denn Steine liegen auf diesem Hügel.« Da blickten alle ihn an, vom Kinde bis zum Greis.
Das war der Augenblick, in dem der Glaube die Erde betrat wie ein Kind erschlagender Stein.
Kapitel 7
Vers 5
Aber an wolkenverhangenen Tagen, wenn der Abend sich nahte, konnte man auf einem kahlen Hügel manchmal eine Gestalt erahnen. Und die Gestalt hatte die Umrisse eines kleinen Tiers, das vielleicht nur ein vom Wind geformter Felsen war. Oder aber es war ein junger Löwe, der sein noch keimendes Haupthaar in den Wind hielt und aufriss sein Maul. Noch kam kein Schrei unbändiger Lust aus seiner Kehle, noch jagte heißes Begehren nicht durch die Luft und keine Hoffnung wurd’ vom Wind getragen in der Menschen erkaltetes Herz. Nur ein Wort, das nicht verboten, machte schnell den Weg von Mensch zu Mensch.
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