Von der Idee zum Verlag

Am Anfang war das Wort. Genauer gesagt: sehr viele Worte. Rolands Worte, geschrieben auf den Rückseiten von alten Textbüchern, auf Papierservietten, Bierdeckeln und was ihm im Laufe seines Lebens noch so unter die Finger gekommen ist, wenn es der Muse gerade einfiel, ihn zu küssen.

Dann kam der Gedanke, und im Gegensatz zu vielen Gedanken, die oft nur flüchtig haften bleiben, bevor sie vom Wind der Geschichte davongetragen werden, hinterließ dieser Gedanke eine Prägung in den Windungen unserer Gehirne. Mit der Zeit bildete sich aus diesem zweidimensionalen Abdruck eine Skulptur. Der Gedanke wurde zum Buch. Zumindest in unserer Vorstellung.

Und dann kam die Realität: Ahhhh – wie sollen wir das Buch nur veröffentlichen? Als Selfpublisher? Per Book on Demand? („Aber doch bitte nicht als Digitaldruck! Und wie macht man das dann überhaupt mit den multimedialen Elementen?“) Also doch lieber einen Verlag suchen?

Unzählige Selfpublisher-Bibeln und Verlags-Handbücher später stand fest: Wir gründen einfach unseren eigenen Verlag. „Ich werde Verlegerin!“, sagte ich begeistert und sah mich schon auf Messen herumlaufen, Verkaufsgespräche mit Buchhändlerinnen führen und dabei wichtig über den Rand meiner Lesebrille schauen.

Mira machte einen auf „Das Hörnchen aus Ice Age“ und verbiss sich gleich in den Buchsatz und die Bearbeitung sämtlicher bis dahin zur Verfügung stehenden Fotos, Audio – und Videodateien aus Rolands Leben.

Dann kam der Ukraine-Krieg, die Gaspreise explodierten, in den Zeitungen überschlugen sich die Meldungen von Druckereien, denen bald das Papier ausgehen würde, und wir arbeiteten mit einer Hochdruckleistung, um die uns sämtliche Druckereipressen beneidet hätten, an der Fertigstellung von Rolands Buch psst …, der Restaurierung der Audio- und Videodateien, der Verlagsgründung, dem Aufbau eines Vertriebsnetzwerkes und lauter Zeugs, von denen wir vorher keine Ahnung hatten, das wir aber dank unserer Erfahrung als unabhängige Filmproduktionsfirma genauso beherzt anpackten wie vorher den Aufbau eines eigenen Filmverleihs und -vertriebs.

Es war eine schöne Zeit, diese quirligen, lebendigen, kreativen und produktiven letzten Monate, die wir gemeinsam mit  Roland verbrachten, bevor er am 11.9. starb, einen Tag, bevor sein Buch in den Druck gehen sollte,  das zugleich sein persönlichstes Werk ist, eine Art Quintessenz seines künstlerischen Schaffens.

(Antje Nikola Mönning, Büro – oder auch Küche, je nach Sichtweise – 2. 10. 2022)